Die Wale der Valdés Peninsula

Dieter Kreutzkamp Uncategorized

Der patagonische Wind hatte uns schon bei den sturmgepeitschten  Papageienfelsen bei Balneario de Condor das Fürchten gelehrt.
Und sollten wir gedacht haben, es könne kaum noch schlimmer und wilder kommen, so hatten wir uns geirrt …
Aber erstmal fahren wir nach Süden; viel Auswahl an Straßen gibt es hier nicht. Also folgen wir der Ruta 3.
Unspektakuläre Fahrt durch unspektakuläres, flaches, weites Land: sprich, Pampa. Unser Ziel: die Halbinsel Valdés, vor allem wegen der großen Walvorkommen (Süd-Kaper) zum Weltkulturerbe zählend.
So monoton die Pampa, so spektakulär, abwechslungsreich und wild die Küstenformationen. Stellplätze für Individualreisende gibt’s zum Abwinken.

"Traumplatz"

„Traumplatz“

Die Floskel „Traumplatz“ wäre zutreffend … wäre da nicht dieser ewige Wind!!!
Egal wie man das Fahrzeug einparkt, er kommt immer von der falschen Seite. Rüttelt und schüttelt an unserem Siebeneinhalb-Tonner mit den verstärkten Federn, dass unser Oldtimer schaukelt wie einst die Windjammer bei Kap Horn.
Wie schon anderenorts in Argentinien beobachtet, steigen die Eintrittspreise rasant: Für das Naturschutzgebiet Valdés Peninsula legte man noch – pro Person –  vor einem Jahr 330 Peso auf den Tisch, jetzt sind es 415 Peso (gut 20 €).
Bei Overlandern ist die Bucht von Punta Pardelas beliebt. Wir treffen aber nur sehr wenige Schweizer und Deutsche. Doch auch hier ist die Fahrzeugpalette breit: Die einen reisen mit schickem, brandneuem Fiat- oder Mercedes Sprinter Wohnmobil, die anderen mit umgebautem, rustikalem DAF-Leyland-Truck aus britischen Armeebeständen.
Doch nach zwei Tagen sind Juliana und ich die einzigen am Strand, die dem Wind trotzen. Beim Einsteigen in unseren Thunder reißt mir der brüllende Sturm so brutal die Seitentür aus der Hand, dass ich vom Einstieg anderthalb Meter auf den steinigen Boden stürze. Dieser Wind ist locker mit dem vergleichbar, was ich „in der Wiege der Winde“ am Bering Meer erlebte.

Campen in der Bucht

Campen in der Bucht

Nach zwei Tagen wirkt unser Lkw wie sandgestrahlt.
Darüber eine dicke Salzschicht von der zu uns gepeitschten Gischt.
Kürzlich noch war das Meer still, die Sonnenuntergänge verführerisch, malerisch. Jetzt brüllen riesig aufgetürmt Wellenberge mit 20 m hoher Gischt uns an.
Fast urplötzlich, die Ruhe nach dem Sturm… Fast unheimlich. Gestern noch eiskalte Winde (wir tranken doch tatsächlich Glühwein im Auto), heute mild fächelnder, warmer Wind. Dazu ein zahmes Meer.

Wir stehen Kopf und die Abendsonne lächelt dazu

Wir stehen Kopf und die Abendsonne lächelt dazu

Endlich zeigen sich Wale, anfangs noch in der Ferne. Nach Abstechern zu Magellan-Pinguinen und Seelöwen im Nordosten der Halbinsel kommen wir zurück in die Bucht von Punta Pardelas: noch immer stilles Meer, trügerisch, nur gelegentlich kommt Wind auf. Und mit einem Mal kommen Wale bis auf 20 Meter an uns heran.

Walmutter mit Jungem

Walmutter mit Jungem

Paradiesisch … urlaubshaft … verführerisch schön … wüsste man nicht aus jüngster Erfahrung, dass binnen 20 Minuten der nächste brutale, schwere Sturm aufziehen kann..!