Zugegeben – während der letzten Monate hat Thunder mit uns eine Menge Kilometer zurückgelegt. Wir alle drei haben uns dabei wacker geschlagen!!!
Und jetzt geht es erneut von den Tropen ins Hochland – was bedeutet: Kurzatmigkeit und oft schlaflose Nächte in 4500 m Höhe. Wir verlassen unsere kleine, von dem deutschstämmigen Sergio geführte, Oase am Stadtrand von Santa Cruz/Bolivien.
Die Straße ins Andenhochland wurde zwar ausgebaut, doch knapp 100 km steiniger, unebener Piste sind noch zu meistern.
Da plötzlich blockiert bei voller Fahrt das Gaspedal – irgendwie gelingt es mir, den Lkw auf einen freien Platz neben der Straße zu bugsieren. Es dauert nicht lange, bis ich den Grund des Übels gefunden habe: Die langen Schrauben am Abgassammler sind lose, eine ist bereits verloren, eine andere hat – etwa fünf Zentimeter raus gedreht – die Gasgebe-Mechanik blockiert. In irgendeiner Werkstatt ist geschlampt worden.
Anderthalb Stunden später haben wir das Problem mit Bordmitteln behoben.
So weit, so gut… Hätte ich mich dabei nicht kräftig über den Kühler gebeugt und so meine schon ganz gut verheilten gebrochenen Rippen (s. Sturz vom Pferd in Peru) erneut angeknackst..!!!
Soweit eine Momentaufnahme aus dem Leben zweier Globetrotter, das zwar spannend, aber nicht immer ein Honigschlecken ist.
Bolivien ist anders als die anderen bereisten südamerikanischen Länder: Die Mautstellen zum Bezahlen des Straßenzolls sind kleine Holzbuden, der „Schlagbaum“ ein durchhängendes Flatterband.
In die Kategorie „Woran man sich gewöhnen muss“ fällt auch, dass nichtbolivianische Autos etwa den doppelten Spritpreis bezahlen.
(Es gibt allerdings „Schleichwege“, um diese staatlichen Vorgaben individuell zu „modifizieren“. Und viele Tankwarte spielen das Spielchen mit… wodurch der Sprit für den Kunden günstiger wird und die Taschen des Tankwarts etwas voller werden).
Ansonsten fühlen wir uns wohl in Bolivien. In Sucre, der Hauptstadt Boliviens, campen wir auf dem bei Globetrottern angesagten Platz von Felicidad und Alberto.
Mit Mühe und Glück kriege ich unser 7,5 m langes Fahrzeug durch die Einfahrt. Und so genießen wir unbeschwert das bunte Treiben im kolonialen Ambiente Sucres.
Auch in Bolivien feiert man Karneval. Ohne „Helau“ und „Alaaf“ zwar. Aber auf die Pauke haut man hier wie dort!!!
Noch eine nette Überraschung hat Sucre für uns parat. Auf unserem Minicamp treffen wir auf die beiden jungen Schweizer Andrea und Dominique, die mit ihren 2- und 4-jährigen Söhnen in einem VW T4 mit großem Wohnmobilaufbau Südamerika bereisen. Das finden wir toll. Viele Erfahrungen – auch über das Reisen mit Kind/Kindern – werden ausgetauscht.
Von Sucre (in 2800 m Höhe) schrauben wir uns ins knapp 4000 m hoch gelegene Potosí, dessen riesiges Stadttor wir durchfahren. Ein vom Menschen angefressener Berg, der Cerro Rico, überragt die enge, staubige Stadt.
Der Berg ein Unikat: Seit 1545 werden aus ihm riesige Silbermengen herausgeholt. Dieser Cerro Rico war einer der Gründe für den frühen spanischen Reichtum. Das zog Glücksritter an. Binnen Kurzem war Potosí eine der größten Städte der damaligen Welt.
Dieser Berg bestimmte über Jahrhunderte den Silberpreis der Welt – und schrieb damit Geschichte.
Wir sind froh, die von Maschinen, Staub und Lärm geprägten Randgebiete zu verlassen. Kriechen auf ausgefahrenen Pisten nur 5 km bis oberhalb der Stadt, wo wir in 4400 m Höhe die Nacht verbringen.
Es scheint, als hätten wir den Cerro Rico nur für uns – so wie auch die Lamas, die an unserem Thunder vorbeitrippeln.
Übrigens – und das ist bitte nicht als Anregung zu verstehen: Potosí soll die einzige Stadt auf Erden sein, in der man Dynamitstangen frei auf dem Wochenmarkt kaufen kann…
Inzwischen haben wir uns wieder gut an die Höhe von 3700 m angepasst. Und so nähern wir uns dem Salar de Uyuni, mit knapp 11.000 Quadratkilometern der größte Salzsee der Welt.
Zuvor am Wegesrand unglaublich farbige Sandsteinformationen.
Für den Ort Uyuni, unweit des Salzsees gelegen, könnte der kecke Ausspruch erfunden worden sein: „Da möchte ich nicht tot über`n Zaun hängen…!“
Ausgebeulte Straßen, unschöne schlichte Häuser, überall Staub. Dennoch: Uyuni ist ein Magnet für Besucher aus aller Welt. Des Salzsees wegen. Und dann ist da noch der „Friedhof der Dampflokomotiven“.
Vielleicht schleppte eine von diesen Juliana und mich vor genau 40 Jahren von Antofagasta in Chile über das Hochland nach La Paz?!? Jetzt stehen die fauchenden Riesen, die ich schon als Kind bewunderte, auf dem Abstellgleis der Geschichte.
Als wir kurz vor Sonnenuntergang den Salar de Uyuni erreichen, stockt uns trotz Vorwarnung der Atem.
Rund 250 Toyotas schieben sich in den jetzt einen halben Meter mit Wasser bedeckten Salzsee. In den Geländewagen sitzen rund 1500 Touristen, die den Sonnenuntergang am Salzsee bestaunen wollen. Salzwasser ist ein Metallkiller, und absacken möchte ich mit Thunder erst recht nicht. Also bleiben wir an sicherer Stelle.
Am anderen Morgen zaghaftes Klopfen an unserer Autotür… Jemand hat sich festgefahren. Ob wir ihn rausziehen können? Na klar!!!
Zwei Motorradfahrer (sie Mexikanerin, er Deutscher) und ein Radfahrer (Holländer) übernachten die zweite Nacht mit uns am Salar.
Tolle Stimmung! Tolle Gespräche! Tolle Inspiration!
Dann trennen wir uns; die beiden Biker, der Radfahrer und wir mit unserem rollenden Zuhause. Jeder von uns reist auf andere Weise, jeder hat andere Erfahrungen, Begegnungen…
Aber eins vereint uns: die Neugier nach dem Neuen hinter der nächsten Ecke!
Der Salar de Uyuni hat uns genug Massentourismus beschert. Wir entscheiden uns gegen die sogenannte Lagunenroute in Richtung Chile, die von Tourunternehmen befahren wird.
Stattdessen geht’s auf schlechter Piste gen Westen zum chilenischen Grenzort Ollagüe. Plötzlich endet die Piste in einem Salzsee.
Dutzende sich verzweigende Fahrspuren verwirren mich. Kein anderes Fahrzeug in Sicht. Wo geht es lang? Dazu breiig-weiche Stellen im Salzsee. Bloß nicht einsacken..!
Wir kommen durch, auch dank unseres neuen Turbo-Motors!
Die Einreiseformalitäten nach Chile sind an dieser Grenze schnell erledigt (was nicht für alle chilenischen Grenzübergänge gilt).
In 3800 m Höhe finden wir an der Laguna Verde einen Traumplatz – nur wir allein, sonst kein Mensch.
Traumplatz … doch ja, aber nur etwa drei Stunden während des Tages ist es windstill. Sonst pfeift ein starker, oft eisiger Wind. Zudem sind seit der Sonnen-Intensivstrahlung am Salar de Uyuni unsere Lippen schmerzhaft aufgerissen.
Solchen Straßen folgen wir in Richtung der Bergbaustadt Calama.
Endlich: Im Lider Supermercado von Calama finden wir lange entbehrtes Kürbiskernbrot und gute Salami. Seit ewigen Zeiten – in dieser Qualität – entbehrte Genüsse.
So gestärkt geht’s erneut über einen 4500 m hohen Pass in Richtung San Pedro de Atacama.
Die Klarheit des Himmels über der Atacama ist legendär: Europa baut deswegen hier Riesenteleskope, um mit Auge und Forschergeist ins Universum vorzudringen.
Juliana und ich haben das letzte Nacht auch gemacht: in einem privaten Observatorium.
Doch zurück auf den Boden der irdischen Tatsachen: In wenigen Tagen wollen wir zur chilenischen Pazifikküste rollen. Für ein paar Tage Urlaub vom Abenteuer – und darauf freuen wir uns!!!
Dann geht’s erneut hoch in die Berge, diesmal in die argentinischen Anden …
Alle Fotos: Foto und Copyright Dieter Kreutzkamp