Bilderbuchvulkane, Aconcagua, König der Anden, und ein 4779 Meter hoher Pass …

Dieter Kreutzkamp Uncategorized

Während ich diese Zeilen schreibe, überschlagen sich donnernd meterhohe Wellen des Pazifik. Schauplatz: ein Strand nördlich von La Serena, im südlichen Nord-Chile.
Ich weiß, eine etwas merkwürdig klingende geografische Eingrenzung. Aber wie will man sonst zurandekommen bei einem Land wie Chile, das sich von Nord nach Süd über 4300 Kilometer erstreckt.
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Dieser Blogbeitrag beginnt bei den Vulkanen Chiles, führt über die Andengipfel nach Argentinien, folgt dem östlichen Verlauf der Kordilleren nordwärts, um durch atemberaubende Landschaften…
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… über einen rund 4800 m hohen Pass genau hierher an diesen Strand in Chile. So gerafft hört sich das selbst für mich irgendwie unglaublich an, und doch ist dies unsere Realität der letzten 14 Tage.
Vom Vulcan Osorno (Beitrag 15) fahren wir, einem Tip folgend, zum Vulkangebiet des Casablanca. Hatte nie zuvor davon gehört… Viele andere offenbar auch nicht, denn hier ist zur Zeit fast gar nichts los. Eine gute Gelegenheit, die Welt mal auf den Kopf zu stellen…
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Der folgende Morgen ist das hundertprozentige Gegenteil. Nebel, dass wir keine 20 Meter weit sehen können. Es regnet. Vorsichtig lenke ich Thunder auf rutschiger, schmaler Piste den Berg hinab. Das Wetter klart auf und macht uns Mut zur nächsten Vulkantour (ich bin nun mal ein unverbesserlich Vulkan- Fan)!
Der Bilderbuchberg Villarica soll es sein!
Während wir am Fuße des Berges noch in einem gut 5 km langen Verkehrsstau standen (Chile macht Urlaub!), sind wir oben ziemlich allein.
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Grenzwechsel zwischen Chile und Argentinien beziehungsweise umgekehrt sind unproblematisch… solange man keine Früchte, Gemüse, Fleisch, Käse oder Honig an Bord hat…!
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Am Vulkan Lanin mit seinen wunderschönen Araukarienwäldern wechseln wir nach Argentinien.
Pech am nächsten Tag nahe der Ortschaft Aluminé:
Der Kugelkopf an dem Gestänge, mit dem die Kupplung betätigt wird und damit die Gänge eingelegt werden, bricht. Kein Gang geht mehr rein… Ich gehe hier nicht auf Details ein, rede nicht davon, wie ich mit Julianas Hilfe vier Stunden unter dem Lkw liege…
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…und auch nicht davon, wie ein junger Argentinier mir eine gut 35 km lange Mitfahrgelegenheit zum Ort Aluminé gibt. Und dort das klassische Wunder beim Reisen:
Ersatzteile in der passenden Größe sind zwar partout nicht aufzutreiben, dennoch kriegen wir die Teile repariert und zusammengebastelt. Eine Stunde später haben wir alles wieder eingebaut. Unsere Reise geht weiter…
Die östliche Seite der Anden ist wild, fast menschenleer: Wärend wir im chilenischen Süden von der Carretera Austral total begeistert waren, sind es hier Abschnitte der argentinischen Ruta 40, denen wir folgen. Auf viel Schotterpiste… Motorradfahrer aus Europa und Brasilien begegnen uns. Und dann ist dort das nette Paar (er Franzose, sie Argentinierin) mit dem VW Bulli T2.
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Nur dem Umstand, dass ihr Motor ständig überhitzte und die beiden, sozusagen zur Motor-Abkühlung, Mate-Tee trinken, verdanken wir die Zufallsbekanntschaft am einsamen Pistenrand.
Der Aconcagua ist mit 6962 Metern der höchste Berg des gesamten amerikanischen Kontinents. Für uns ist der Abstecher dorthin weit, denn der Riese liegt fast unmittelbar an der chilenisch-argentinischen Grenze (auf argentinischem Gebiet).
Eine Fahrt der optischen Höhenflüge.
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Manchmal denke ich, eine Steigerung sei nicht mehr drin. Doch dann kommt der nächste optische Hammer! Diese Landschaften gehören zu den Wildesten, was wir auf dem Globus erlebten.
Weiterfahrt!
Vom Aconcagua geht es zur alten ehemaligen atemberaubenden Grenzstraße zwischen Chile und Argentinien, die heute eigentlich nur noch historische Bedeutung hat. 1904 errichtete man auf dem höchsten Punkt – nach der Beilegung von Grenzstreitigkeiten zwischen beiden Ländern – dort eine große Christusstatue (Cristo Redentor).
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Atemberaubend! Dies Wort steht für die einspurige Erd- und Felspiste, die wir – manchmal mit Herzklopfen – mit unserem 7,5-Tonner befahren.
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Bei einem meiner regelmäßigen Lkw-Checks stelle ich fest, dass mehr als 50 Prozent der Halteklammern unserer Blattfederpakete der Hinterachse gebrochen beziehungsweise weggesprengt sind. Genau diese Blattfedern waren von einem Fachbetrieb in Deutschland vor rund 5 Monaten für einen Batzen Geld komplett neu angefertigt worden. Offenbar: Pfusch beim Schweißen?! Oder falsche Berechnung der Federwege..?! Oder beides?!
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Jammern hilft nicht. Noch ist das Problem nicht behoben, aber wir arbeiten daran.
Tags drauf überqueren wir mit Thunder den 4779 Meter hohen Paso Agua Negra. Die höchste Paßstraße, die wir beide bisher mit dem eigenen Auto gefahren sind. Was für Bilder!
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Unsere Körper haben die extreme Höhe gut weggesteckt. Zum Glück waren wir die Tage zuvor zwischen 1500 und 3000 Meter hoch gewesen, sowas hilft. Auch Thunder zeigt sich hier als Kraftprotz.
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Nach einem sehr bewegten und fast 50 Jahre dauernden Reiseleben sagen wir beide: Solch eine Massierung wildester Landschaften haben wir wohl nie zuvor gesehen!
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Abends, bei der Einreise nach Chile, gibt’s noch einen anderen Rekord:
Sechs Grenzbeamte durchsuchen unser Auto, ein Drogenhund beschnüffelt uns. Auch solch einen Intensiv-Check hatten wir  noch nie zuvor! Aber alle Grenzer waren sehr freundlich und zuvorkommend. Das einzige was „beschlagnahmt“ wurde:
– ein Stück Feuerholz, da könnte ja ein Borkenkäfer drin sein…
– und ein paar Gewürznelken aus Julianas Küchenreich. Da die Glühweinzeit vorbei ist, werden wir das verschmerzen!
Am Morgen drauf waschen wir am Fluss Wäsche.
Wie eingangs gesagt: Im Moment sitzen wir im Lkw am Pazifik. Das Meer rauscht. Möwen schreien. Auf direktem Wege wären es von hier rund 1200 km bis San Pedro de Atacama, unserem nächsten Zwischenziel. Aber wer will schon auf direktem Wege reisen… Der Weg ist ja unser Ziel!

Alle Fotos: Foto und Copyright Dieter Kreutzkamp