Und Kreutzkamps reisen weiter…Von Uruguay durch Argentinien über die Anden durch die Atacama… in Richtung Ecuador

Dieter Kreutzkamp Uncategorized

Juliana und ich, die wir zwischen 2011 und 2016 über 105.000 km zweimal Afrika durchquert hatten (zunächst von Nord nach Süd, dann von Süd nach Nord), stellen gelegentlich Vergleiche an:

Wer schneidet besser ab: Afrika, dieser bunte, lebendige, vielseitige Kontinent mit seinen vielen Naturparks, oder Südamerika… wohin wir uns samt unserem Rundhauber „Thunder“ im Herbst 2018 hatten verschiffen lassen. Das ist natürlich eine sehr persönliche Betrachtungsweise …

Als – seit Beginn der 70er Jahre – unverbesserlicher Afrika-Fan sei ich voreingenommen…, sagt zumindest Juliana. Also bin ich gespannt auf die Erlebnisse unserer 2. Staffel durch den südamerikanischen Teilkontinent…

Als wir Mitte November bei Thunder im Raum Montevideo eintreffen, erfordert unser Oldie zunächst mal unsere ganze Zuwendung.

Nicht, dass er zicken würde. Aber lasst es mich mal so sagen: Mit zunehmender Größe des Autos wächst auch der Grad der Zuwendung, sowohl beim persönlichen Schraubereinsatz unter dem Auto als auch beim Hinblättern so manchen Geldscheins.

Unsere Reiseroute für diese Etappe ist umrissen. Hilfreich war dabei die Entscheidung gewesen, für Mitte Dezember 2018 von Quito/Ecuador aus eine Reise nach Galapagos zu buchen.

Ich mag Ziele, als Wegpunkte und Messlatten, an denen ich mich gern orientiere. Wie hier …

Jetzt war klar: Es geht erst mal nicht durch Brasilien, (da wäre die Klimasituation jetzt zudem nicht optimal), sondern durch
Argentinien und Chile Richtung Westküste… und von dort über Peru nach Ecuador…

Was in der Theorie simpel klingt, sind in der Realität rund 7000 km, die wir mit unserem Lkw in einem Monat abspulen müssen.

Also ans Werk:

Zunächst die Routinejobs vor dem Start: Motorölwechsel, Abschmieren von über 30 Fettnippeln, Kontrolle der Getriebe- und Achsölstände. Erneutes Anbringen der 2017 auf der Schiffspassage gestohlenen Tagfahrlichter und… und…und… Auch die Klimaanlage für den Wohnaufbau zickt …

Von Montevideo fahren wir bis Fray Bentos, wo wir das landschaftlich eher unspektakuläre Uruguay verlassen, nach Argentinien einreisen und auf einer gewaltigen Brücke den Rio Uruguay überqueren (der gute, alte Vater Rhein erscheint da im Vergleich wie ein Rinnsal).

Ein wenig Herzklopfen: Entre Rios, für uns die erste argentinische Provinz, wird von vielen Travelern wegen korrupter Polizisten mit Wegelagerermethoden gefürchtet . Nirgendwo in Argentinien erlebt man zudem solch massives Polizeiaufgebot wie hier. Glück gehabt; ungeschoren kommen wir durch.

Es mag unromantisch klingen, auf den Truckerplätzen von Tankstellen zu übernachten. In Argentinien oder Brasilien aber sind das bei großen Fahretappen willkommene Plätze, bei denen man ruck zuck ein sicheres Lager aufschlagen kann.

Und landschaftlich???

Die fast schnurgerade Ruta 9 durchteilt auf unendlichen Kilometern flaches, grünes, wenig abwechslungsreiches Land. Erfreulich bei diesen Entfernungen die Dieselpreise von rund 0,90 € pro Liter. Nicht selten werden wir an Mautstellen zur Kasse gebeten.

Unser Thunder läuft wie ein Weltmeister. Allerdings: Südlich von Salta zieht der Motor nicht… Meine Diagnose: Probleme bei der Spritzufuhr.

Unglaublich – so etwas hatte ich nicht mal im tiefsten Afrika. Irgendwo hat man uns dreckigen Diesel verkauft. Der Vorfilter ist geradezu pechschwarz verklebt. Das „Team Kreutzkamp“ schmeißt sich in die Overalls, Filter wird gereinigt, Dieselleitung entlüftet. Business as usual… Zwei Stunden später sind wir wieder kraftvoll on the road.

Das Thema „Pleiten, Pech und Pannen“ sollte damit vorerst abgeschlossen sein…, dachten wir.

Mit vollen Tanks und gut gefülltem Kühlschrank verlassen wir die nordargentinische Stadt Yuyui, um die gut 500 km lange Andenüberquerung anzugehen, als es plötzlich gemein zischt. Der Luftdruck sinkt ab. Mist! Gleich wird der Federspeicher der Feststellbremse zuschlagen, und dann bewegt sich nichts mehr. Am Straßenrand finden wir den Fehler: ein abgerutschter Luftschlauch unter dem Fahrersitz. Wir beheben den Fehler, und nach zweistündiger Unterbrechung geht es weiter.

Aber jetzt lasse ich Bilder sprechen: Da ist der Übernachtungsplatz am Rande eines trockenen Gebirgsflusses in 2800 m Höhe.

Am Hang Kakteen riesigen Ausmaßes. Die nächsten Tage schrauben wir uns höher und höher.

Der Paso de Jama ist eine der Hauptverbindungen zwischen Argentinien und Chile. Wem jetzt vielleicht Bilder von der letzten Großglocknerüberquerung vor dem inneren Auge entstehen, dem sage ich: Vergiss es! Hier ist alles mindestens drei Nummern größer, gewaltiger …!

Wir schrauben uns in 4000 m, dann in 4200 m Höhe. Menschenleere. Bis auf ganz wenige armselig wirkende Dörfer.

Dann die argentinisch-chilenische Grenze in rund 4200 m Höhe.

Wegen der streng überwachten Einfuhrverbote für Gemüse und Obst nach Chile haben wir alles verbraucht.

Außerordentlich korrekte und freundliche Grenzbeamte auf beiden Seiten der Grenze. Der Beamte, der kurz unser casa rodante (Wohnmobil) untersucht, verabschiedet sich von Juliana mit Küsschen auf rechte und linke Wange. Nett! Das hatten wir noch nie zuvor.

Die nächste Nacht verbringen wir in 4200 m Höhe. Eisiger Wind.

Am Ufer des kleinen Salzsees vor uns Flamingos.

Nachts draußen 5° minus. Kopfschmerzen und Alpträume wegen der Höhe.

Der Morgen danach ist wie ein Morgen im Paradies. Um 7 Uhr noch 4° minus, um 10 Uhr sitzen wir im T-Shirt vor dem Auto. Melitta-Kaffee aus Brasilien vertreibt die Kopfschmerzen. Eine Herde domestizierter Lamas bestaunt uns wie das 8. Weltwunder.

Unsere Reise hat selten etwas mit Urlaub zu tun – aber solche Momente entschädigen für alles andere. Der höchste Punkt der Straße: 4833 m. Der Dieselmotor pafft da schon mal schwarze Wolken.

In gerader Linie geht es von 4833 m Höhe auf 2500 m in die Atacama-Wüste runter.

Und da sitzen wir gerade, trinken einen guten argentinischen Malbek-Wein und sinnieren darüber nach, was uns die nächste Reiseetappe bringen wird…

Alle Fotos: Foto und Copyright Dieter Kreutzkamp